Kleinere Kiez-Buchhandlungen, die sich am Leben halten können, werden immer seltener. Doch das Logbuch bietet den Menschen in Walle nun seit 2012 nicht nur eine große Bücherauswahl, sondern veranstaltet auch regelmäßig Lesungen und Gespräche mit Autor*innen. Hierdurch wird die Buchhandlung zum Ort für Dialog, Unterhaltung und Begegnung. Aktuell wurde Logbuch mit dem Bremer Buchhandlungspreis 2022 ausgezeichnet. Zusammen mit seiner Frau Sabine ist Axel Stiehler Inhaber der Buchhandlung und als Verleger beim Logbuch Verlag tätig. Wir haben ihn über seine Arbeit, den Büchermarkt und Walle befragt!
Lieber Axel: Was ist besonders toll daran, eine Buchhandlung zu haben?
Ich sage immer: Neben Lesen ist die schönste Beschäftigung im Leben das Reden über Bücher. Ihren Inhalt, ihre Form, das ganze Drumherum. Eine Freundin nannte unseren ersten kleinen Laden dann auch einen „Luxusarbeitsplatz“. Als Schnittstelle zwischen Autor*innen und Leser*innen hat man dazu eine Menge Gestaltungsspielraum, das ist eine sehr kreative Arbeit.
Seit 2014 gibt es zusätzlich zum Logbuchladen den Logbuchverlag. Wie verrückt muss man denn sein, um heutzutage noch einen Verlag zu gründen und literarische Kleinode zu verlegen?
Das ist einfach nur eine logische Konsquenz. Sabine ist gelernte Buchhändlerin und Schriftsetzerin, ich Drucker, Verleger und Grafik-Designer, da drängte es sich förmlich auf, auch selbst etwas zu verlegen. Außerdem juckte es mir nach seinem Ausstieg aus der Achilla Presse im Jahr 2000 immer wieder in den Fingerspitzen. Aber es ist auch was es ist, ein Nebenprojekt.
Bei den Büchern aus eurem Verlag, aber auch bei der Zusammenstellung eures Sortiments legt ihr viel Wert auf die Ausstattung und die Gestaltung der Bücher. Würdet ihr sagen, das Auge liest mit – wie wichtig ist das Komplettpaket?
Wir hatten zum Start einen Logozusatz: Literatur & Design. Uns liegt viel an Buchästhetik, Materialität, Typografie. Was auch einer der Gründe ist, warum es manche Selfpublishing-Bücher nicht in unser Sortiment schaffen. Das Lesen auf einem Reader ist nichts für uns, schon ungesetzte Manuskripte sind keine Freude beim Lesen. Erst die Form macht das Buch zu dem, was es ist. Was aber nicht bedeutet, dass es ausgefallen sein muss, nur gewisse Standards darf ein Buch nie unterschreiten.
Welche Pläne habt ihr noch für eure Buchhandlung (und darüber hinaus)?
Wir haben schon immer sogenannte Nonbooks im Sortiment, darunter läuft alles, was kein Buch ist. Die sollten dabei aber immer eine gewissen Buchaffinität haben oder Leseaccessoires sein: Notizbücher, Stifte, Lämpchen, Kerzen, Tees, kleine Spiele … Da es darüber hinaus aber immer wieder schicke Dinge gibt, die wir gerne ins Programm nehmen würden, haben wir jetzt im Nebengebäude eine kleine Erweiterung ausgelagert: unter „Kombüse & Kajüte“ bieten wir in kleinem Rahmen Küchen- und Wohnaccessoires an. Die Trennung hat den Vorteil, dass wir unser Programm im Buchladen nicht verwässern, wir gleichzeitig dem Standort aber weitere Impulse geben können. Walle ist ja kein hotspot wie das Viertel oder die Neustadt.
Im Logbuchladen gibt es immer wieder Veranstaltungen – Lesungen, Workshops, Ausstellungen… Wie stellt ihr das Programm zusammen?
Im Prinzip sind es persönliche Vorlieben: Sabine entdeckt eine Graphic Novel, für die wir uns begeistern und wir fragen die Künstler*in für ein Werkstattgespräch an. Oder jemand im Team liest ein wunderbares Buch und wir denken: Das möchten wir uns gerne vorlesen lassen. Dazu dann unsere Reihen mit Rainer Iwersen oder Synchron-Schauspieler*innen wie Christian Brückner oder Dietmar Wunder: Da hat man im positiven Sinne Stimmen im Kopf, die man live erleben möchte. Dann lernen wir Menschen auf Messen kennen, die wir spannend finden oder über andere Kanäle treffen, man begeistert sich für ihre Kunst und schon wird eingeladen. Kalkül gibt es dabei wenig, denn wenn nicht so viele Zuhörer*innen kommen, was ja immer mal vorkommt, dann wollen wir wenigstens selbst von den Vortragenden überzeugt sein.
Der Logbuchladen ist inzwischen seit 2017 in Walle ansässig. Was gefällt euch am Stadtteil besonders?
Tatsächlich haben wir in Walle gegründet, die Überseestadt ist nämlich ein Ortsteil unseres Stadtteils. Aber in Walle „Downtown“, wie wir gerne sagen, ist es jetzt noch viel schöner. Es ist schon ein tolles Verhältnis zwischen Laden und den Waller*innen, wie auch die Pandemie gezeigt hat. Und es gibt eine große Wertschätzung für das, was wir hier machen. Nicht zuletzt wollen wir selbst als Waller*innen unseren Kiez gestalten und voranbringen.
Was meint ihr, wie sieht die Zukunft des Buches aus – und des Buchhandles?
Das ist eine im positiven Sinne konservative Branche, die sich im Grunde wenn dann nur langsam verändert. Neue Buchhändler*innen denken das Objekt neu, präsentieren im zeitgemäßen Gewand. In Berlin haben wir z.B. gerade kleine Läden gesehen, die neben anderem auch ein paar Bücher im Sortiment haben. Das wird es auch in Zukunft mehr geben, nicht monothematisch. Und das Buch selbst: Das ist perfekt, wie es ist, selbst das E-Buch konnte da bisher nichts dran ändern.
Auf welche Neuerscheinungen im Herbst freut ihr euch besonders?
Zum Jahreswechsel erscheint hoffentlich die Fortsetzung von Mathijs Deens Der Holländer und auch der neue Krimi von Voosen & Danielsson, dann noch Pleasantville von Attica Locke. Auf Der Duft von Eis von Yoko Ogawa bin ich gespannt, Die Insel der verlorenen Erinnerungen war einfach großartig.
Und habt ihr andere Lieblingsbücher, die wir unbedingt entdecken sollten?
Oh, ja, der ganze Laden steht voll, wo sollen wir da anfangen. Kommt einfach rum!
Logbuch
Die Buchhandlung Logbuch präsentiert seit 2012 ein ausgesuchtes literarisches Programm und Bücher, die durch besondere Ausstattungen überzeugen. Regelmäßig finden hier Lesungen und Workshops statt und seit 2014 verlegt das Team eine Reihe mit Pressedrucken. Die Buchhandlung Logbuch wurde bereits viermal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis und 2022 erstmals mit dem Bremer Buchhandlungspreis ausgezeichnet.
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