Lesetipp aus der Redaktion: "Schwindel"

Hengameh Yaghoobifarah war im September im Zuge von queer.lit! in Bremen, um aus dem brandaktuellen Roman Schwindel zu lesen und dieses Buch lässt eine*n einfach nicht mehr los. Nachdem Hengameh Yaghoobifarah mit dem Romandebüt Ministerium der Träume (2021) begeisterte, erforscht der*die Autor*in mit deren zweiten Roman mit viel Witz und Reflexion die heutige queere Datingszene.

Cover von Hengameh Yaghoobifarahs Roman "Schwindel"

Hengameh Yaghoobifarah schafft es dabei, einen queeren Roman zum Mainstream zu machen und gleichzeitig heteronormative Vorstellungen auf den Kopf zu stellen. Hengameh Yaghoobifarah schreibt über die queere Liebe, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen – der Roman quillt über voller Leben und Sex, sowie den Herausforderungen und Krisen, die die Liebe mit sich bringen kann.

Die Protagonistin Ava findet sich mit ihren drei Liebhaber*innen auf einem Hochhausdach wieder. Die Tür fällt hinter den Vieren ins Schloss: Der Weg in die Freiheit ist versperrt. Auf der gemeinsamen Mission, einen Weg vom Dach zu finden, werden sie mit ihren Beziehungen zueinander und ihren persönlichen Ängsten und Schwächen konfrontiert. Eine konfliktreiche Auslotung ihrer Rollen in dem Beziehungskonstrukt um Ava beginnt.

Geschwindelt, in zweierlei Hinsicht, wird im Roman immer wieder: Der Taumel ausgelöst durch Drogen, Angststörungen, Verlangen oder Höhe, genauso wie die Lügen, die jeder der Charaktere mit sich herum trägt – Schwindel ist das leitende Motiv. Der*die Autor*in versorgt dabei jeden Charakter mit einer unverwechselbaren Stimme. Humorvoll und sich an Stereotypen bedienend, entwirft Hengameh Yaghoobifarah vier Charaktere der queeren Community, die unterschiedlicher nicht sein könnten. 

Der Roman feiert das Queer-Sein und ist trotzdem so viel mehr als das: Wo andere Bücher sich in Stereotypen verstricken, erzeugt Hengameh Yaghoobifarah Leichtigkeit und Leben. Der Roman wird jede*n begeistern, der*die von reflektiertem Dating-Drama nicht genug bekommen kann.

SCHWINDEL | Hengameh Yaghoobifarah | Roman | Verlag Blumenbar | Berlin 2024 | 240 S. | €23,00

Rieke Kämper

hat im Herbst 2024 ein Praktikum in unserer Redaktion absolviert. Sie wurde 2000 in Minden geboren und studiert seit 2020 Germanistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Bremen. 

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Foto des Literaturhauses Bremen von außen
© Carmen Fernandez

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