Christine Wunnicke beschreibt in ihrem Roman Wachs die Liebe zweier sehr unterschiedlicher Frauen zueinander. Wild wie die Geschichte scheint die Zeit, in der das Buch angesiedelt ist. Historienromane können demnach humoristisch, nahbar und körperzersetzend sein.
Madeleine Basseporte lehrt Ungeschickten das Zeichnen: Blumen aus verschiedenen Perspektiven, aber alle schön. An die ganz schönen Blumen zu kommen, gestaltet sich als schwierig: Die sind meist in den Gärten der Reichen versteckt und dazu gibt es keinen Zugang. Nie zeichnet sie Menschen, die Anatomie der Blumen erfüllt sie eh zur Gänze. Anders ihre stürmische Schülerin Marie Biheron: Sie ist sehr nah an Menschen. Ihre Leidenschaft ist das Sezieren von Leichen, sie möchte Anatomikerin werden. Und Leichen gibt es im 18. Jahrhundert in Paris jede Menge. Vor der Revolution sterben die Menschen an Hunger, ab 1789 Rollen die Köpfe.
Marie erobert Madeleine, sie verzehren einander, ab dann gehen sie gemeinsam durchs Leben, das von Tod, Schönheit und Umbruchsfantasien geprägt ist. Dieses ist allerdings niemals tragisch. Stilsicher lotst Christine Wunnicke die Leser durch verschiedene Episoden dieser beiden sehr besonderen Frauen, hält sich nie an Chronologien. Sie scheut sich nicht vor Ekel, ekelt sich nicht vor Nähe. Glanzlos ist die Zeit, man riecht sie förmlich. Glanzvoll sind die Blüten und irgendwie auch die Leichen. Gleichzeitig zeigt der Roman die Entstehung von Wissen: Biheron und Basseporte sind Aufklärerinnen. Sie beobachten die Welt, dokumentieren sie, erkennen.
Wachs ist ein humorvoller Roman, trotz der widrigen Umstände, in der die Protagonistinnen leben. Stellenweise verwundert einen, mit welcher Leichtfertigkeit Intimität funktioniert. Sex zu beschreiben, kann poetisch und stilistisch meisterhaft sein, ganz ohne Plattitüden oder Kitsch. Und das in einem Roman, in dem der Tod den Menschen oft näher scheint als das Leben. Die Figuren bleiben dabei stets nachvollziehbar, fast greifbar komplex. Sie verändern sich, altern, sind stark und gefühlvoll, streben nach Höherem oder legen sich zu einander ins erkaltete Bett – in dem das Eine oder andere Mal „das Fastentuch fällt“.
Florian Maier
WACHS | Christine Wunnicke | ROMAN Behrenberg Verlag | Berlin 2025 | 192 S. | €24,00
Die Buchhandlung Hübener
wurde 1956 gegründet und liegt im Herzen Bremerhaven-Geestemündes, ganz nah am bliebten Wochenmarkt mit dem Wahrzeichen des Stadtteils, dem Geestemünder Wasserturm. Dieser Lesetipp kommt von Inhaber Jens Fleischer. In der alteingesessenen Buchhandlung wird Wert auf gute, freundliche, umfassende und fachliche Beratung durch ausgebildete Buchhändler*innen gelegt. Dazu gibt es ein ausgesuchtes Sortiment mit den Schwerpunkten Belletristik, Politik, Kinder- und Jugendliteratur, Reise, Kochen und Natur. Im Jahr 2023 wurde die Buchhandlung Hübener als erste Buchhandlung Bremerhavens mit einem Anerkennungspreis des Bremer Buchhandlungspreises ausgezeichnet.
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