Diverse People Remember
heißt ein Schulprojekt, das in Zusammenarbeit mit dem virtuellen Literaturhaus Bremen, der Sylt Foundation und dem Schriftsteller Artur Becker 2019 in Bremen und zeitgleich an einer Schule in Rwihamba in West Uganda stattfand. In mehreren Workshops arbeitete Artur Becker mit Jugendlichen im Schulzentrum in Walle an Texten über die Herkunftsgeschichten ihrer Familien. Vorher hatten die Schüler*innen sich auf Spurensuche in die Vergangenheit begeben: Die Eltern oder Großeltern waren aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen, zum Beispiel als Gastarbeiter*innen, hatten Kriege erlebt oder von anderen Erlebnissen zu erzählen. Huzur Bogatekin schreibt in seinem Text über das Leben seiner Familie in einem türkisch-kurdischen Wohnbezirk.
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Der Konflikt zwischen Kurden und Türken war schon immer eine Belastung für beide Seiten und erschwerte das Zusammenleben im Wohnbezirk enorm.
Die fünfköpfige Familie und der Rest, der in diesem Bezirk wohnhaft ist, kommen jedoch hervorragend miteinander aus, denn bei diesen Menschen im Wohnbezirk werden politische Konflikte zu diesem Thema nicht ausdiskutiert – man meidet schwere Themen. Es herrscht eine eher alle und alles zusammenhaltende Atmosphäre, die durch die Hilfsbereitschaft der Menschen entsteht, die hier leben.
Doch auch wenn versucht wird, politische Konflikte dieser Art auszublenden, macht die Tatsache, dass es immer wieder gewalttätige Übergriffe beider Seiten aufeinander gibt, jedem zu schaffen. Dieser Fakt lässt nicht nur die Laune der Menschen verderben, weil sie von Todesfällen in ihrem Heimatland hören, sondern zerstört auch das gemeinschaftliche Zusammenleben beider Parteien im Wohnbezirk der fünfköpfigen Familie.
Während sich die Existenz der Freundschaft und familiären Atmosphäre vor Ort so langsam auflöst, erwartet die Familie neben den drei Brüdern einen weiteren Jungen, der unter den Umständen des Konfliktes zwischen der kurdischen und türkischen Seite bald auf die Welt kommen soll. Vom gemeinschaftlichen Leben ist im Bezirk nichts mehr zu sehen und niemanden interessieren die Probleme anderer Menschen, weil jeder nur noch auf sich fokussiert ist. Jeder im Wohngebiet teilt diesen Gedanken und möchte, dass alles wieder so wird wie vorher, doch keiner tut etwas dafür.
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Erst als die gewalttätigen Angriffe der beiden Seiten in der Türkei kurzfristig aufhörten, fingen die Menschen an, einander wieder zu beachten. Ihnen wurde bei diesem kurzfristigen Waffenstillstand klar, dass es sinnlos und dumm ist, einen zusammenhaltenden Wohnbezirk und dessen Gemeinschaft zu zerstören und sie versuchten wieder, alles neu zu gestalten, damit es wieder so werden würde, wie es zu Anfang war. Dies schien anfänglich schwer zu sein, doch in kürzester Zeit verbesserte sich die Lage vor Ort.
Genau zu dieser Zeit kam der vierte Sohn der bisher fünfköpfigen Familie auf die Welt. Das nahm sich der Vater des Kindes zum Anlass und gab ihm den Namen „Huzur“, welcher aus der türkischen Sprache kommt und „Frieden“ bedeutet.
Und dieser Junge wächst auch im selben Wohnbezirk auf und lernt durch die kulturelle Vielfalt dort viele verschiedene Menschen und Kulturen kennen und macht seine Erfahrungen mit ihnen.
Auch wenn der Waffenstillstand zwischen den Kurden und Türken nur kurzfristig war, hatte dieser trotzdem etwas bewirkt und machte vielen klar, dass man trotzdem zusammenleben und zusammenhalten kann, um die Konflikte zwischen beiden Seiten, ob in der Türkei oder in Deutschland, einzudämmen.