Sebastian Oehler und Michael Groenewald haben 2019 mit dem Kibitz Verlag den ersten deutschen Verlag für Kindercomics gegründet. Im Interview mit Annika Depping erzählt Verleger Sebastian Oehler, was er an Comics liebt, warum Erwachsene keine Angst davor haben müssen, wenn die Kids zu Cartoons greifen und mit welchen Titeln man alles richtig macht.
Woher kommt eure Begeisterung für Comics, Cartoons und Graphic Novels?
Ich habe als Kind alles mit Sprechblasen gelesen und habe mich durch die gesamte Comicabteilung meiner Stadtbibliothek gearbeitet. Nach einer Comicpause bin ich dann über Erwachsenencomics bzw. Graphic Novels wieder zu den Comics gekommen und habe bei verschiedenen Comicverlagen gearbeitet. Bei Reprodukt haben Michael Groenewald und ich dann 2013 das Kindercomicprogramm mit aus der Taufe gehoben. Wir hatten selbst Kinder und uns ist aufgefallen, dass die meisten in Deutschland erschienenen Comics für Kinder teilweise über 50 Jahre alt sind, aber in Frankreich sehr viele interessante neue Geschichten für Kinder veröffentlicht wurden. 2019 haben wir dann Kibitz gegründet und sind 2020 mit unseren ersten Büchern auf den Markt gekommen.
Mehr Infos zum Verlag gibt's hier
Und was meint ihr, warum Kinder Comics so lieben?
Die Verbindung von Bild und Text ist einfach eine tolle Art und Weise, Geschichten zu erzählen und bietet so viele Möglichkeiten, Kinder für das Lesen zu begeistern. Der Zugang zu den Geschichten ist unmittelbarer, wenigstens bei den guten Kindercomics.
Oft sind Erwachsene ja skeptisch, wenn Kids zu Comics greifen. Warum ist das gar nicht nötig?
Comics machen Spaß, vor allem auch Spaß am Lesen. Für leseschwache Kinder sind sie eine tolle Möglichkeit, sich an Bücher ranzutasten, bei Textschwierigkeiten bleibt immer noch die Bildebene, um sich die Geschichte zu erschließen. Comiclesen ist darüber hinaus empathisches Lesen, man muss die Gestik und Mimik der gezeigten Figuren entschlüsseln.
Was muss ein Werk mitbringen, damit ihr es veröffentlicht? Was macht einen guten Comic oder eine gute Graphic Novel für Kinder aus?
Das Buch muss Spaß beim und am Lesen machen, toll gezeichnet und erzählt sein. Wir achten darauf, dass die Bücher für die jüngeren Leser:innen entsprechend gestaltet sind, der Bildaufbau und das Erzählen mit Bildern sehr klar, die Platzierung der Sprechblasen auf eine Art und Weise, dass sich die Lesereihenfolge von selbst erschließt. Comics sehen so einfach aus, sind aber eine durchaus anspruchsvolle Angelegenheit.
Was macht der Kibitz Verlag anders als andere Comicverlage (für Kinder)?
Wir haben uns auf Eigenproduktionen spazialisiert, d.h. die Bücher entstehen alle für uns exklusiv. Wir können so mit den Autor:innen an den Manuskripten und Storyboards arbeiten und später auch viel leichter Lesungen, Workshops oder andere Veranstaltungen zu unseren Büchern anbieten. Lizenztitel (beispielsweise aus Frankreich) haben wir bisher nicht veröffentlicht. Wir sind der erste Verlag, der sich nur auf Kindercomics spezialisiert hat, wobei mittlerweile schon sehr viel mehr Comics für Kinder veröffentlicht werden.
Welches sind eure absoluten Comic-Lesetipps?
Bei Kibitz wären es neben den für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierten Titeln Trip mit Topf von Josephine Mark und Boris, Babette und lauter Skelette von Tanja Esch vor allem die Comics der Kiste-Reihe von Patrick Wirbeleit und Uwe Heidschötter, die mittlerweile komplett bei Kibitz erscheint. Ansonsten sind wir die größten Marc Boutavant-Fans, die man sich vorstellen kann. Wer Ariol (erschienen bei Reprodukt) noch nicht gelesen hat, verpasst was. Anke Kuhls Manno! (erschienen bei Klett Kinderbuch) ist auch so ein Lieblingsbuch von uns, aber es gibt mittlerweile noch so viel andere tolle Comics (nicht nur) für Kinder, dass der Platz dafür schlicht nicht ausreicht.