Irene Disches Roman erzählt die Geschichte der militanten Madonna, dem Chevalier d’Eon, der als Diplomat, Soldat, Bibliothekar, Freimaurer, Degenfechter, Schriftsteller und Spion bekannt wurde und doch den größten Teil seines Lebens als Frau verbrachte. Irene Dische befragt die historische Figur d’Eons aus dem 18. Jahrhundert, der sowohl als Frau als auch als Mann lebte, nach seiner Perspektive auf die Geschlechterdiskurse des 21. Jahrhunderts.
Aus eigener Perspektive erzählt uns der Chevalier die spannenden Vorkommnisse, Intrigen und Affären seines Lebens. Die Erzählperspektive erzeugt eine erstaunliche Nähe zu der historischen Figur, die es schafft, die Leser*innen tief in die Geschichte hineinzuziehen. Dabei rückt fasst beiläufig das Thema Geschlecht, durch die außergewöhnliche Lebensweise des Chevalier immer wieder in den Vordergrund und zeigt uns die erfrischenden Einstellungen einer trans* Person aus dem 18. Jahrhundert.
Die lässige, an manchen Stellen wirklich lustig abgeklärte Erzählweise nimmt dem Thema seine Verkopftheit, spricht ihm dabei allerdings an keiner Stelle seine Relevanz ab, sondern will vor allem die Arroganz des 21. Jahrhunderts herausstellen, einen neuen Diskurs erfunden zu haben: „Ich betrachte Sie in Ihrem seltsamen Jahrhundert voller Verwunderung. Zweihundertfünfzig Jahre nach meiner Zeit glauben Sie offenbar, Sie hätten die Wahlfreiheit erfunden, ein Mann oder eine Frau zu sein.“
Die Schwere, die das Gespräch rund um das Thema Geschlecht im 21. Jahrhundert zu bestimmen scheint, wird durch eine Leichtigkeit ersetzt, die jedoch nicht vor Ernstem zurückschreckt. Eine ganz neue Perspektive, die uns heute nur gut tun kann.
Rieke Kämper
absolviert gerade ein Praktikum in unserer Redaktion. Sie wurde 2000 in Minden geboren und studiert seit 2020 Germanistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Bremen.
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