Lesetipp aus der Redaktion: „Herr Rudi“

Cover Herr Rudi

Der Herr Rudi liegt in einer Salzburger Hotelbadewanne, um ihn herum treiben Blaubeeren, im Zimmer nebenan liegt eine Pistole. So hatte er sich seinen ersten Tag als Pensionär eigentlich nicht vorgestellt. Aber der Herr Rudi wird sterben – Diagnose: Krebs. Also warum dann nicht gleich den Löffel abgeben? Naja, wenn da nicht dieser Hexenschuss wäre…

Vor dieser Ausgangssituation breitet sich die Vergangenheit des Protagonisten in kurzen Erinnerungsepisoden vor uns aus. Manchmal ist das Leben ungerecht, manchmal ist alles zu viel. Dieses Gefühl kennt der Herr Rudi, von Schicksalsschlägen geplagt: Seine einzige Liebe Livi ist schon vor 40 Jahren gestorben, geblieben sind von ihr nur ein paar Gläser Marmelade, die Erinnerung auf dem Boden des Rotweinglases und ihr Geist. Der springt seit ihrem Tod durch Herrn Rudis Alltag und das ist manchmal schön und manchmal weniger.

In seiner Hotelbadewanne ist der Herr Rudi das perfekte Symbol für all das, was schief läuft, für die Ungerechtigkeit und die Tragödien, die Trauer und die Wut. Doch seine Geschichte hat, wie alles im Leben, zwei Seiten: ein guter Freund an seiner Seite, der Genuss, die Erinnerungen an das Schöne. Ob das reicht, oder ob der Herr Rudi in dieser Hotelbadewanne untergeht? Das musst du natürlich selbst nachlesen!

Anna Herzigs Roman über die Liebe, den Tod und alles dazwischen entwickelt in seiner Kürze eine große Wucht. Die Sätze sind pointiert und voller Leben. Sie erzählen eine alltägliche Geschichte voll großer Wahrheiten, zum Lachen und zum Weinen.

HERR RUDI | Anna Herzig | ROMAN Voland & Quist | Berlin 2020 | 144 S. | €18,00


Annika Depping

ist seit einem Praktikum im Sommer 2014 im Team des Literaturhauses Bremen. Inzwischen leitet sie die Textredaktion des Literaturmagazins. Sie hat in Bremen Germanistik mit Schwerpunkt Literaturwissenschaften studiert und liest am liebsten in ihrem Schrebergarten. Über ihre Leseeindrücke schreibt sie auch im Online-Magazin Bücherstadt Kurier.

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Foto von Annika Depping
© Lissi Savin

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