„Irgendwann – in einer Galaxie namens Milchstraße – unter all den Sternen – zwischen all den Menschen – haben Du und ich uns irgendwie getroffen…“
Weiße Sternenpünktchen auf schwarzem Himmel, bunte Pünktchen-Haufen auf weißem Grund sind das Eingangsszenario für zahlreiche Varianten des Zusammentreffens und gemeinsamen Tuns, in schönen, klaren Farben, flächig ausgemalt und in vielen originellen Perspektiven. Auf Valerio Vidalis Bildern reiht sich, mitunter nur mit einem einzigen Wort, Heike Fallers Hommage an die Freundschaft weiter und weiter, als sehr persönlicher Brief an eine Freundin oder einen Freund. Mal hilflos, angesichts vom Supermarktregal heruntergefallener Campbell-Tomato-Soup-Dosen, dann ratlos im Museum vor Warhols Tomatendosen-Ikonen, manchmal jahrelang getrennt und dann wiedervereint. Mitunter wird der Brief zur Liebeserklärung: „Ich liebe es, wenn du andere Menschen betrachtest“, oder wenn es vor leuchtendblauem Sternenhimmel mit Sichelmond heißt: „Du weißt, dass du mich noch immer um vier Uhr morgens anrufen kannst?“
Im Nachwort sinniert Heike Faller darüber nach, wie die Idee zu diesem Buch entstand, aus dem Staunen nämlich über das Wunder der Sympathie, über die Chemie des intuitiven Verstehens, die zwar durch neurowissenschaftliche Studien belegt wird, sich jedoch streng rationaler Erklärung entzieht. Ob die Freundschaft nach dem ersten Flash jahrzehntelang hält, hängt dann von gemeinsam verbrachter Zeit ab und der Fähigkeit, auch mal einen Konflikt zu lösen, und eine Freundin Heike Fallers beschrieb es so: „Freundschaft muss ab und zu gegossen werden, auch wenn alles andere wichtiger ist.“ Dass die Merkmale freundschaftlicher Beziehungen in vielen Studien wissenschaftlich erforscht wurden, weiß Heike Faller; - ihr sind die Gespräche mit ihrer ‚Freundschaftskette‘ wichtiger, und sie widmet ihr Buch allen Freundschaften, „den Flüchtigen, den Lebenslangen, denen, die zu Liebesgeschichten wurden und denen, die wir uns nicht getraut haben zu retten“.
Die Frage, wie viele Kilometer schon gemeinsam zurückgelegt wurden, eröffnet einen weiteren herrlichen Bilderreigen, über Stadtansichten hinweg in den Park, den Fluss entlang, über Berge bis in ziegelfarbene Wüsten vor violetten Bergen, und am Ende sehen wir, nach einem prächtigen Feuerwerk, zwei Blümchen, blau und rot: „Mit jedem Jahr bedeutest Du mir mehr – Ich hoffe, wir gehen noch viele Wege.“
Die vielen und vielfarbig illustrierten Facetten von Freundschaft lösen ganz unmittelbar Reflektionen über die Freundschaften im eigenen Leben aus – und den Wunsch, dieses schöne Buch zu verschenken, Freunde und Freundinnen daran teilhaben zu lassen.
FREUNDE - WAS UNS VERBINDET | Heike Faller | Illustration: Valerio Vidali | ILLUSTRIERTES BUCH Kein & Aber | Zürich 2020 | 180 S. | €20,00
Lore Kleinert
verantwortete als Redakteurin und Moderatorin bei Radio Bremen Magazine und Sendungen aus dem ganzen Spektrum von Kultur und Wissenschaft und berichtete für die TAZ und andere Zeitungen. Nach zwölf Jahren als Abteilungsleiterin Kultur bei Radio Bremen arbeitet sie als freie Literaturkritikerin und Moderatorin und gehört der Leitung des globale° – Festivals für grenzüberschreitende Literatur an.