In eisiger Höhe durchstreift der Schneeleopard das Tian-Shan-Gebirge. Strahlendes Blau über sich.
Geist der Berge wird er von den Kirgisen genannt. Nachts schläft er in einer verborgenen Höhle.
Er muss auf der Hut sein. Wilderer haben es auf sein Fell abgesehen, seinen Schädel, die Knochen,
die Zähne. Sie erhoffen sich Euro, Dollar und Som.
Er weiß um die Gefahr. Vor Jahren ging er in die Falle der Jäger, war mächtige Beute, Trophäe,
Gefangener für einen Tag. Doch Khan Tengri, Herr der Nomaden, der Geister, des Himmels und der
Himmel gar selbst hatte Erbarmen. Die Stricke rissen, der Eisenring brach. Noch heute leckt das
Tier seine Wunden.
Angelika Sinn
geboren in Iserlohn, lebt und arbeitet in Worpswede und Bremen als freischaffende Autorin, Künstlerin und Referentin für Literarisches Schreiben. Sie studierte Pädagogik, Literatur- und Kulturwissenschaft in Bremen und Frankfurt/Main. Arbeitete mehrere Jahre als Kulturpädagogin und Journalistin. Autorin seit 1998, diverse Veröffentlichungen. Seit 2005 ist Angelika Sinn als Text-Künstlerin tätig, internationale Ausstellungsbeteiligungen. Von 2006 bis 2018 war sie Geschäftsführerin des Bremer Literaturkontors. Angelika Sinn ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller.
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