Sie laufen den Berg hinauf, am Wegrand liegen Geröll und Schafe.
Schweiß rinnt ihnen über die winterblassen Gesichter.
„Trotzdem.“
„Mehr fällt Dir nicht ein?“
„Was willst du hören?“
„Ein gutes Argument.“
„Wir haben nur das eine Leben.“
„Pathos ist nie ein gutes Argument.“
„Wie kann die Wahrheit pathetisch sein?“
„Bleib sachlich.“
„Ich möchte es eben einfach.“
„Soviel zur Sachlichkeit.“
„Du willst, dass ich sachlich bin.“
„Ich will eine erwachsene Diskussion.“
„Aus dieser Diskussion erwächst gerade wenig Gutes.“
Ein Falke segelt über sie hinweg und schreit.
„Hast du denn keine Angst?“
„Doch.“
„Warum willst du es dann trotzdem machen.“
„Weil ich sowieso immer Angst habe.“
Hinter der nächsten Kurve kommt die Station in Sichtweite.
„Wir könnten auch was Sinnvolles mit dem Geld machen. Spenden, zum Beispiel.“
„So sind wir aber nicht.“
„Wer sagt das?“
„Er.“
Das namenlose Paar blickt mich an. Sie haben nichts Außerordentliches, nichts Dringliches an sich.
Noch könnte ich sie besonderer oder besonnener machen, sie etwas beitragen oder verändern lassen in ihrer Welt, die meine ist.
Aber dann lasse ich sie einfach weiterlaufen, lasse sie die Station erreichen, lasse ihnen die Gurte anlegen, lasse sie an die Kante treten und in den Abgrund blicken. Von unten rufe ich hinauf: „Gleich haben wir’s geschafft!“
Und trotzdem zögern sie. Weil sie Ich sind und Wir große Angst vor Enden haben.
Fabian Hischmann
wurde 1983 in Donaueschingen geboren. Er studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Er lebt in Berlin. 2011 wurde er durch das Bremer Autorenstipendium gefördert. Sein Debütroman Am Ende schmeißen wir mit Gold erschien 2014. Dieser Coming-of-Age-Roman wurde im selben Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. 2017 erschien sein zweiter Roman Das Umgehen der Orte. Im August 2019 wurde der Erzählungsband Alle wollen was erleben veröffentlicht.
Im Dezember liest er im Rahmen der Veranstaltungsreihe Bremer Autor*innenstipendium: Schreiben im Gespräch in Bremen.