Also, hör gut zu. Es war Frühling und der Schnee war schon lang geschmolzen, als der Destroyer durch Irrsal und Wirrsal ins Haus meiner Eltern kam, um mit mir das Riff von Necro Death Strike zu besprechen, mit dem wir endlich und endgültig den Herrgott und den CDU-Kreisverband aus dem unteren Wiesental vertreiben wollten, ein unheiliges Riff, wenn es je eins gegeben hatte. Also setzten wir uns zusammen auf die Chaiselongue, die beste und jüngste Brutal-Death-Metal-Band, die das untere Wiesental je hervorgebracht hatte; zwei, deren Lippen keine Falschheit sprachen, aber eben auch zwei Hingebeugte, zwei Dürftige, bereit das Antlitz des Vollmonds zu umgreifen und so weiter. Wie das eben so war. Wir hatten einen Plan, einen musikalischen Plan, doch allein den Plan zu erklären, dauerte viel zu lang und ich schlief dabei ein, weil der Himmel zu klar über mir hing und das nächste Volksfest näher rückte und sich Licht an Finsternis vollendete und wegen ein paar anderen Sachen, die irgendwie nicht okay waren. Als ich wieder aufwachte, war der Frühling schon lange vorbei, auch der Sommer war gekommen und wieder gegangen, keine gotteslästerliche Klangfolge hatte die Sonne verdunkelt und es wurde Herbst. Ich fror ein wenig, der Destroyer war auch schon wieder nach Hause gegangen und der späte Nachmittag zog mich am Brustbein nach unten. Beim nächsten Mal, dachte ich, beim nächsten Mal sollte man das anders angehen.
Philipp Böhm
wurde 1988 in Ludwigshafen geboren und lebt heute in Berlin. Sein Debütroman Schellenmann erschien 2019 im Verbrecher Verlag. Er ist Mitglied der Redaktion des Literatur- und Kulturmagazins metamorphosen, schreibt für die Wochenzeitung Jungle World und arbeitet für das Literaturhaus Lettrétage. Im Frühjahr 2022 erscheint sein Erzählungsband Supermilch.
2014 erhielt Philipp Böhm das Bremer Autor*innenstipendium des Literaturkontors. Im MiniLit Nr. 3 ist sein Text Staub erschienen.