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Eigentlich sind Sie Professor für Rechnerarchitektur an der Uni Bremen. Wie kommt es, dass Sie unter die Comicautor*innen gegangen sind?
NŒRDMAN ist ein gemeinschaftliches Projekt mit Jannis Stoppe, der auch der Zeichner ist. Jannis Stoppe hat früher in meiner Arbeitsgruppe zu einem ganz trockenen Thema provomiert – aber ich bin irgendwann darauf gekommen, dass er zeichnen kann. Die Idee, die vielen Inhalte der Digitalisierung, die alle im Alltag betreffen, in einer humorvoll-ansprechenden Form aufzubereiten, hatte ich schon länger. Ich wollte die Menschen motivieren, sich damit auseinanderzusetzen. Und so kamen Jannis und ich zusammen.
Ursprünglich hatten wir an ein einjähriges Projekt gedacht – aber dann hat uns der Comic so viel Spaß gemacht, dass wir das immer weitergeführt haben. Inzwischen bekommen wir immer mehr Aufmerksamkeit. Unsere NŒRDMAN-Geschichten sind zwei Jahre lang regelmäßig im Stadtmagazin erschienen, derzeit veröffentlichen wir im Magazin der Gesellschaft für Informatik alle drei Monate einen Comic. Auf Social Media sind wir natürlich auch vertreten.
Die Digitalisierung für alle interessant zu machen – wie gelingt das?
Wir glauben, dass Humor ein guter Zugang für die Auseinandersetzung ist. Wenige Menschen haben die Muße, sich ein Sachbuch zum Thema durchzulesen. Gleichzeitig wechseln bei uns die Themen ständig, mal geht es um KI, mal um Sicherheit – das hat keinen Lehrbuchcharakter. Wer an einem Thema Interesse findet, kann sich anschließend weiter einarbeiten.
Warum ist es so wichtig, dass die Menschen über Technik reflektieren?
Oft spricht man über die sogenannte digitale Spaltung: Die Digitalisierung hat einen Teil der Gesellschaft zurückgelassen, der bei der permanenten Weiterentwicklung nicht mitkommt. Gleichzeitig entstehen Unsicherheiten und Ängste, zum Beispiel in Bezug auf KI: Was kann die KI demnächst? Werde ich noch gebraucht? Natürlich setzen wir uns genau mit diesen Themen auseinander, weil wir als Informatiker möchten, dass sich die „ganz normalen“ Leute mit Technik-Themen beschäftigen. Damit sie nicht irgendwann überrollt werden. Denn häufig merkt man, dass Menschen, die diese Systeme nie benutzen, diese total überschätzen.
Viele der Comics sind also eine niederschwellige Aufbereitung, kann man das so sagen?
Genau, das ist unser Ziel. Aber wir haben nicht eine definierte Zielgruppe, es gibt unterschiedlich nerdige Inhalte. Einige adressieren natürlich auch Personen, die sich mit Informatik auskennen und dadurch Anspielungen verstehen. In anderen Comics versuchen wir, blinde Technikfaszination zu brechen: Muss man immer erreichbar sein? Welche Daten lasse ich Großkonzerne verarbeiten? Wir versuchen beim NŒRDMAN, nicht mit erhobenem Zeigefinger, aber doch aufklärerisch unterwegs zu sein. Die Frage ist immer: Was akzeptiert man? An vielen Stellen versuchen wir, digitale Themen in der Breite bekannt zu machen. So soll es dann auch sein. Unser Themenfundus ist praktisch unendlich und verändert sich ständig mit der Technik. Durch die künstliche Intelligenz, die zunehmend alle Anwendungsbereiche durchdringt, sei es die Logistik, die Medizin, die Literaturwissenschaft, kommen viele neue Fragen hinzu.
Meinen Sie, die KI kann irgendwann den NŒRDMAN zeichnen?
Was die KI schon gut kann, ist das Liefern von Stichworten: Welche Themen sind gerade im Trend? Worüber sollten wir mal einen Comic machen. Da kann die KI gute Anregungen geben. Humor und Ironie, das funktioniert noch nicht gut. Aber das Erzeugen von Bildern und von 4-Panel-Comics funktioniert selbstverständlich. Natürlich habe ich ChatGPT schon gefragt: „Kannst du mir einen NŒRDMAN malen?“ Für die Gesellschaft der Informatik haben wir einen Comic über digitale Skelette konzipiert, also über individuelle Bewegungsprofile. Ich habe die KI gebeten, einen Comic über digitale Skelette zu entwerfen und entstanden ist ein Comic über Skelette, die etwas Digitales machen. Das war eine kleine Interpretation, weil ChatGPT den Begriff nicht kannte. Da ist natürlich noch Luft nach oben. Der NŒRDMAN bleibt also hand- und brainmade.
Jeden Montag erscheint online eine neue Folge. Wie gelingt das?
Genau, den Comic gibt es seit 2018. Seitdem gibt es jeden Montagmorgen einen neuen Comic. Das halten wir bisher seit jetzt sieben Jahren durch, bisher ohne einen Aussetzer, trotz Ferien, Krankheit, Urlaub… Teilweise auf die letzte Minute allerdings – es passiert nicht selten, dass der Comic erst Sonntagabend fertig wird, aber am Montag ist er da. Wir sammeln laufend Themen und Kuriositäten, die uns im Netz begegnen. Einmal die Woche versuchen wir uns zu treffen, oft inzwischen online. Denn natürlich gibt es aktuelle Themen, auf die wir schnell reagieren wollen, zum Beispiel war das die Vergabe der Nobelpreise für Chemie und Physik an KI-Forscher. Oder, dass jemand das letzte Level von Tetris überwunden hat. Andere Themen müssen reifen.
Neben den Publikationen online, auf Social Media und in den Zeitschriften sind inzwischen zwei Bücher erschienen.
Genau. Schon vor Jahren ist bei Springer in der Kategorie Sachbuch ein Buch erschienen, in dem es aber mehr um die Texte drum herum geht. Dazu haben wir unsere Comics thematisch gruppiert. Dann gibt es die Publikation im Bremer Blendermann-Verlag, in der es wirklich nur um die Comics geht. Das war für uns ein echtes Herzensprojekt. Es deckt die ersten fünf Jahre NŒRDMAN ab. Ab jetzt wollen wir jährlich einen dünnen, neuen Band veröffentlichen. Ab Februar wird es im Haus der Wissenschaft außerdem eine Ausstellung mit dem NŒRDMAN geben. Dort hängen dann bis Ende Mai richtig große Drucke.