Schnapp dir deinen Laborkittel und die Schutzbrille, denn im Januar geht mit dem SLAM LABOR ein neues Format in Sachen Poetry Slam an den Start - und die Funken fliegen garantiert! Henning Chadde hat mit Annika Depping über die Idee dahinter und die Zukunftspläne der Macher*innen gesprochen.
Also, was ist ein SLAM LABOR?
Zuerst einmal ein live-literarischer Versuchsort, der Begegnungen und Entdeckungen möglich macht.
In Bremen gibt es eine lange Tradition in Sachen Poetry Slam, also der klassischen Wettbewerbsform einer Dichterschlacht. Weniger bekannt – und leider auch frequentiert – sind beim Bremer Publikum hingegen all die weiteren literarischen Facetten der bei den Slams auftretenden Protagonist:innen. Sie reichen von der Solo-Show über literarisches Kabarett und Stand Up bis hin zum Singer/Songwriting und der Romanveröffentlichung. Das SLAM LABOR macht alle diese kreativen „Zutaten“ sichtbar, führt sie in verschiedenen Konstellationen zusammen und lässt eine neue Form der literarischen Nähe und Auseinandersetzung entstehen.
In den Versuchsanordnungen verzichtet ihr also komplett auf den Wettbewerb. Warum das?
Bei einem handelsüblichen Poetry Slam beträgt die Länge der vorgetragenen Texte maximal fünf bis sieben Minuten. Danach vergibt eine Publikums-Jury Punkte für das Gehörte und die nächste Poet:in tritt ans Mikrofon. Eine nähere Auseinandersetzung mit den Texten und dahinter stehenden Personen und Persönlichkeiten findet dabei leider keinen Platz.
Die „Versuchsanordnungen“ heben dieses Korsett bewusst auf, geben jenseits des Wettbewerb-Drucks Raum zum Nachsinnen und stellen die Poet:innen, ihre Texte und kreativen Lebenswege in den Mittelpunkt. Es wird Kurz-Talks geben, die Interaktion mit dem Publikum spielt eine zentrale Rolle und es werden Poet:innen gefordert sein eine gemeinsame Show auf die literarischen Beine zu stellen, die sich zwar von den Wettbewerben her kennen, aber darüber hinaus noch keine Bühne über Abendlänge geteilt haben. „Dichter dran“, ist hier maßgebliche das Motto. Das gilt gleichermaßen für die Auftretenden und die Gäste. Ein Wettbewerb würde diese Nähe nicht möglich machen.
Wie ist die Idee dafür entstanden?
Einfach gesagt: aus unserer Liebe und Begeisterung für die kreative und literarische Vielseitigkeit der Slam-Szene und ihrer schreibenden Menschen.
Bereits mit der im Lagerhaus beheimateten Lesereihe For one night only hat Helmut Plass vom Slam Bremen in unregelmäßigen Abständen verschiedene slampoetische Konstellationen präsentiert. Zusammen haben wir dann die Idee entwickelt, diese wunderschönen, vielseitigen Abende mit dem SLAM LABOR in einer losen Festival-Form zu bündeln, heißt sichtbarer und somit einem größeren Publikum erlebbar zu machen.
Wie habt ihr denn die Versuchsanordnungen, also jeweils die beiden Poet*innen, zusammengestellt?
Als Slam- und Literatur-Veranstalter haben wir seit langen Jahren ausgiebigen Kontakt in die deutschsprachige Slam-Szene. Hierdurch sind sehr viele Freundschaften und Kontakte entstanden, auf die wir nun für die Vesuchsanordnungen zurückgreifen können.
Wie gesagt: Wir haben bewusst „Duos“ gewählt, die bisher noch keine gemeinsame Show gespielt haben. Bei der Auswahl war es uns wichtig, jeweils prominente Poet:innen zusammenzubringen, die sich mit ihren Texten aus verschiedenen Perspektiven und Stilen ergänzen, aber auch reiben dürfen.
Dabei gilt es unter anderem der Frage nachzuspüren, ob und inwiefern sich Blickwinkel und Schreibstile zwischen den Geschlechtern unterscheiden, sich literarische Lebenswege bisher herauskristallisiert haben und in der Zukunft weiterentwickeln. Und nicht zuletzt: welche Rolle Poetry Slam in dieser Entwicklung bisher gespielt hat und künftig spielen wird.
Ist eine Fortsetzung geplant?
Unbedingt! Zumindest nimmt diese Idee zunehmend Platz in unseren gemeinsamen Überlegungen ein. In diesem Jahr wird das SLAM LABOR noch mit Mitteln von Neustart Kultur – Programm 2 gefördert. Für 2024 hieße es dann zunächst einmal neue Fördermöglichkeiten und Unterstützer:innen zu begeistern. Aber sowohl wir von Slam Bremen und Macht Worte! – der hannoversche Poetry Slam, als auch das Lagerhaus, wollen das SLAM LABOR gerne jährlich in der Bremer Slam-Kultur etablieren. Gerne auch als „tourende“ Mini-Festival-Reihe. Und hier steht dann natürlich auch Hannover auf dem Labor-Plan …