Bär, wer bist du?
von Tarja Spiekermann
Im Sternenschein wandelnd, querwaldein, knacke ich links, knacke ich rechts, knackt es fremd.
Viermal, gefolgt von einem gemütlichen Schnauben, gerade zwei Astlängen voraus – ein Waldwesen, die schwarzen Augen leise funkelnd. Beidseitiges Innehalten vor dieser, unserer nachtaktiven Begegnung. Dann, meinen Geist als gleichartig erkennend, träumen wir ein Gespräch über den Duft der Erde. Bevor der Bär seine eigene Wandelung fortsetzt, blitzt ein Stern im Fall.
Wir teilen einen Wunsch wie Tee.
Eselaugen
von Jana Knösel
(...)
Esel und ich sehen uns an. Unsere Augen blicken einander in die Seele. Ich denke daran zurück, wie ich sturer Esel genannt wurde. Dumme Kuh. Blöde Ziege.
Ob Esel schon einmal Mensch genannt wurde? Dummer Mensch? Unsicherer Mensch? Verlorener Mensch?
“Wer bist Du?”, fragt mich Esel.
Ich zucke mit den Schultern. Das weiß ich nicht genau.
Weiß meinen Namen, meinen Beruf, meine Hobbys. All das weiß ich.
“Ich glaub, du bist Mensch”, sagt Esel.
Ich nicke.
Ich bin Mensch.
Du bist Esel.
Wir sind wir.
Der Trauerschwan
von Anaïs Lenuweit
Sagenumwobener Vogel,
ich kenne dich bereits in reinweiß
mit Engelsflügeln -
So füllst du Mythen und Märchen
über Unschuld und Anmut
in vielen Kulturen.
Doch hier und heute
trägst du dein schwarzes Federkleid.
Gleitest mit gesenktem Kopf
über stilles Wasser
von der Anmut nichts verloren
ziehst du leise
Trauerkreise.
Trauerschwan -
welch schweren Namen
musst du tragen
für uns.
(...)
Der Schwan
von Anna Schott
(...)
Schwäne sind sich treu. Schwäne treiben voller Ruhe und Würde durch die Kanäle der Stadt. Schwäne verteidigen ihre Jungen erbarmungslos und präsentieren ihre Größe, Stärke und Schnelligkeit, wenn die Menschen ihnen oder ihrem Nest zu nahe kommen.
Schwäne sind ein Motiv — für Treue? Oder Liebe? Schwäne sind nicht niedlich, sondern schön. Sie sind auch nicht lieb.
Nicht zum Streicheln, nur zum Anschauen, mit genügend Distanz.
Wer bist du, kleiner Wüstenfuchs?
von Lea Martens
Wer bist du? Du bist klein und süß. Und du scheinst müde zu sein, wenn man nach deinen halb geschlossenen Augen und der Art, wie du deine Pfoten von dir streckst, urteilt. Aber das sind nur Äußerlichkeiten, nur Dinge, die das Bild von dir preisgibt.