Die in Bonn geborene Bremer Autorin Jutta Reichelt hat bisher bereits zwei Romane und zwei Erzählbände publiziert, doch mit ihrem umfangreichen Essay Mein Leben war nicht, wie es war ist jetzt nicht nur ihr wichtigstes, sondern auch ihr bestes Buch im Stuttgarter Kröner Verlag erschienen.
In ihrem Blog nennt sie den Untertitel Ein autobiografisches Essay über das Erzählen, Traumata und die Überwindung von Sprachlosigkeit und natürlich ist ihr eigener Umgang mit erlittenem sexuellen Missbrauch das zentrale Thema. Aber das Buch ist komplex und bietet noch einiges mehr: Die Autorin beginnt in einem eher lockeren, persönlichen Stil, beschreibt die jahrelange eigene Sprach- und Geschichtslosigkeit mit einem fast leichten, humorigen Unterton, um dann nach Realisierung und Nennung von Täter und Tat die Zügel anzuziehen. In einem unheimlich gut recherchierten und literarisch fest untermauerten Fluss thematisiert sie in Folge die Opferrolle, aktive und passive Täterschaft, gesellschaftliche Wahrnehmung, familiäre Kontexte und eigenes Verdrängen. Natürlich macht die eigene, persönliche Perspektive von Jutta Reichelt das Buch so lesenswert, aber dabei ist es erstaunlich, wie vielschichtig und reflektiert sie familiäre Konstellationen hinterleuchtet, ihren literarischen Finger auf Wunden legt und trotzdem keine Schwere aufkommen lässt.
Logbuch
Mein Leben war nicht, wie es war ist ein Buchtipp von Axel Stiehler. In der Buchhandlung Logbuch in Walle ist er für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen zuständig und außerdem Grafikdesigner und Drucker. Die Buchhandlung Logbuch präsentiert seit 2012 ein ausgesuchtes literarisches Programm und Bücher, die durch besondere Ausstattungen überzeugen. Regelmäßig finden hier Lesungen und Workshops statt und seit 2014 verlegt das Team eine Reihe mit Pressedrucken. Die Buchhandlung Logbuch wurde bereits vier Mal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet.
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