Vivien Catharina Altenau: INDIE-sem Sinne

Eine pinke Rose liegt in einem Buch mit gelbem Farbschnitt.
© Rike Oehlerking

Woran denken wir, wenn wir an Indie denken?

Zunächst einmal kommt mir das Wort Freiheit in den Kopf. Unabhängigkeit, Vielfalt und Selbstbestimmung. Pure Grenzenlosigkeit? Klingt himmlisch, nicht wahr? Schauen wir aber doch mal genauer hin, was diese Freiheit bedeutet. 

Man nehme: eine:n Schreibende:n und eine:n Publizierende:n, eine Buchbranche, die mehr als reif für eine frische Brise ist und einen großen Haufen an Themen, über die man schreiben will/soll/darf/muss/kann. Wonach schmeckt die Freiheit unserer Zutaten?


Jede freie Zeit zum Schreiben nutzen. 

Sind Indie-Autor:innen nicht umso abhängiger von ihrer eigenen Expertise? Ich meine nicht (nur) das Scheiben, sondern alle Bereiche, die ein Wort zum Satz und dann zum Buch werden lassen: von Gestaltung bis zu Marketing. Wie frei ist ein:e Wortverliebte:r, wenn so viele Gedanken im Kopf herum(schw)irren? Wenn es so viel gibt, für das er:sie selbst verantwortlich ist? Wenn man sich nicht auf Struktur, Bestand und Outsourcing ausruhen kann, geschweige denn will… Wenn es so viel gibt, für das er:sie selbst verantwortlich ist?

Ist der Ruf erst mal etabliert, lebt es sich ganz ungeniert. 

Experimentell und anders. Am Anfang stand der Mut. Doch was folgt dann? Sind Indie-Verlage nicht gerade dann erfolgreich, wenn sie sich auf ihre Genres beschränken, eindeutige Grenzen setzen, ganz klare Nischen besetzen und die Bedürfnisse erfüllen? Sind dies unsere Unterschlupflöcher, die Sicherheit der Eigenheit? Wer sich eine Grube gräbt, fällt selbst hinein…? 


Hauptsache mit (Vor)Liebe

Und sind nicht auch die etablierten alteingesessenen Verlage vor allem von einer Sache abhängig: den Vorlieben der Leser:innen? Social Media hat längst gezeigt: Leser:innen, die was wollen, schöpfen aus dem Vollen. Marketing und Marktmacht, mal sehen, wer am Ende lacht? 

Also frage ich mich: Sind Einschränkungen die Gitter (m)eines Schreibgefängnisses oder der Halt, auf dem meine Geschichten tanzen? 

Statt von Mainstream-Literatur und extraordinären Lesevorlieben zu sprechen, statt den Followern zu folgen und Marketing zu machen, statt bei Selfpublishing die Nase zu rümpfen und den kleinen Verlagen mehr als eine Nische zuzugestehen, statt gängige Distributionsarten zu disqualifizieren und mich in Subkategorien zu subsumieren, würde ich mich viel lieber…

… mit euch allen an einen Tisch setzen und überlegen: Wie können wir all die Geschichten erzählen, die darauf lauern, in der Welt zu wirken und uns mit beflügelnder Fantasie die Freiheit schenken, die nach Meeresrauschen klingt, nach Nutella schmeckt und nach Rosen riecht. Die Freiheit, die mutig ist, aber auch genügsam, eine Freiheit, die mich nicht zwingt, sondern behutsam begleitet, eine Freiheit, für die wir nicht kämpfen müssen, sondern eine Freiheit, die uns umarmt, wie ... na ja, wie ein gutes Buch in schlechten Zeiten, wie das richtige Wort am richtigen Ort, wie … Frieden. 

Denn für mich heißt Schreiben vor allem: Fragen stellen und VerAnwortung übernehmen?

 


Vivien Catharina Altenau

studierte in Oldenburg, sammelte langjährige Erfahrungen im Theater und ist nun begeisterte Bremerin. Neben ihren Tätigkeiten in der Georg Büchner Buchhandlung beschäftigt sich die Autorin mit freien Textarbeiten sowie der Organisation kultureller Projekte. Außerdem beteiligt sich Vivien Catharina Altenau als Mitglied des Kollits am Aufbau der jungen Literaturszene Bremen und schreibt auf Instagram über Herzensbücher und das Leben. 

Zum Autorinnenprofil von Vivien Catharina Altenau

Vivien Catharina Altenau
© Jung&Billig

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