Magazinchen: Die Stadtbibliothek empfiehlt

Das Cover von "Neue Heimat 1404" zeigt ein Kind auf einem Fahrrad vor einem Hochhaus.

Bedingt durch die Trennung der Eltern und den damit verbundenen finanziellen Einbußen zieht Enna mit ihrer Mutter Stella aus der großen Altbauwohnung im gutbürgerlichen Viertel in eine kleine Dreizimmerwohnung im 14. Stock eines Hochhauses. Während ihre Mutter der neuen Wohngegend nicht viel Positives abgewinnen kann, sieht Enna die neue Umgebung sehr wohlwollend und mit Neugier. Sie hofft in der „neuen Heimat“, wie die Hochhäuser genannt werden, neue Freunde zu finden und akzeptiert zu werden, so wie sie ist. Denn Enna sagt oftmals einfach „Scheiße“ oder „tock tock tock“. Sie hat das Tourette-Syndrom, was die Menschen in ihrem Umfeld oftmals komisch finden und ablehnend ihr gegenüber reagieren.

Auch der Start in der neuen Umgebung verläuft alles andere als reibungslos. Als Enna sich nach dem Umzug an ihrem ersten Schultag auf den Weg machen möchte, stellt sie fest, dass ihr neues Fahrrad aus dem Abstellraum, geklaut wurde. Das darf auf keinen Fall ihre Mutter herausfinden und natürlich möchte sie dem Fahrrad-Dieb schnellstmöglich auf die Schliche kommen. Gut, dass sie mit Vivien, Firuz und den Zwillingen Jack und Joy, die alle im gleichen Haus wohnen, tatkräftige Unterstützung an ihrer Seite hat. Und so macht sich die Gang, die sich „Neue Heimat“ nennt, auf die Spurensuche.

Erfrischend ist dabei Ennas unvoreingenommener Blick auf das neue soziale Umfeld, das sie in der „Neuen Heimat“ vorfindet. Enna ist in ihrer wohlgesinnten Art ihrer Umgebung und ihren Mitmenschen gegenüber sehr erfrischend und unermüdlich, obwohl durchaus deutlich wird, dass sie es oftmals im Kontakt mit anderen nicht leicht hat. 

Der Roman gibt nach und nach einen Einblick in die verschiedensten Familienformen und damit einhergehenden Problemen, denen sich die Kinder Tag für Tag stellen müssen. Da ist zum Beispiel eine Mutter auf der ewigen Suche nach dem richtigen Mann, der für den Unterhalt der Familie sorgen kann oder ein Vater, der so viel arbeitet, dass er an einem Burnout erkrankt ist. 

Der Titel beschreibt plastisch die sozialen Unterschiede, die in unserer Gesellschaft herrschen und zeigt am Beispiel einer Klassenfahrt deutlich, aber kindgerecht, dass nicht alle Familien die nötigen finanziellen Mittel haben, um den Kindern solche Ausflüge zu ermöglichen. Wichtige Themen wie Mobbing, Armut, soziale Ungerechtigkeit, Inklusion und Diversität werden aus Sicht der Protagonistin plastisch, mit Witz und für Kinder sehr gut nachvollziehbar dargestellt.

Ein Buch, dem ich sehr viele Leser:innen wünsche. 

NEUE HEIMAT 1404 | Frauke Angel | ROMAN Tulipan | München 2024 | 244 S. | € 16,00 | ab 11 Jahren

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Das Bild zeigt Carolin Graf in der Stadtbibliothek Bremen.
© Christopher Klerings

Die Stadtbibliothek Bremen

bündelt in 8 Zweigstellen mehr als 500.000 Medien. Die Zentralbibliothek am Wall beherbergt unter anderem eine große Kinderbibliothek. Neben dem zahlreichen Bücher- und Medienangebot finden hier auch regelmäßig Veranstaltungen statt.

Dieser Lesetipp kommt von Carolin Graf. Sie arbeitet seit 2014 bei der Stadtbibliothek Bremen und ist nun seit fünf Jahren Teamleiterin des Teams Kinder, Jugend und Bibliothekspädagogik. Ihre Freizeit verbringt sie nicht nur gerne mit der Nase zwischen Buchseiten, sondern auch am, im oder unter Wasser.

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