Mailand und die Bremer Stadtmusikanten

Eröffnung BookCity in Mailand
© privat

Vom 11. bis 17. November 2024 fand zum dreizehnten Mal die BookCity Milano statt, das größte Literaturfestival in Mailand und sicherlich eines der wichtigsten in Italien.

Ein Festival des geschriebenen Wortes, das sich an Leser*innen aller Altersstufen richtet. Wie wunderbar hier die Liebe zu Büchern umgesetzt wurde, davon durften wir uns vor Ort überzeugen. Wir, das sind Elisabeth Arend, Jutta Günther, Perdita Krämer und Alexa Stein.

Mailand, seit 2017 City of Literature, lädt jedes Jahr zur BookCity eine der Partnerstädte des UNESCO-Netzwerks ein. Heidelberg war bereits da, ebenso wie Barcelona, in diesem Jahr sollte es Prag sein. Als Prag kurzfristig absagen musste, hat man sich an den Neuling unter den Cities of Literature erinnert, und, zu unserer großen Freude, Bremen eingeladen.

Das vollständige Programm der BookCity umfasst 1.597 Veranstaltungen mit mehr als 3.000 Akteur*innen an rund 400 Orten in der ganzen Stadt. Hier wird klar, dass Mailand weit mehr zu bieten hat als Mode und Design.

Genau dies zu zeigen, war seinerzeit die Motivation, sich als City of Literature zu bewerben, erzählt uns Laura Teruzzi von der Comune di Milano Area Biblioteche. Sie und ihre Kolleginnen Liù Palmieri und Camilla Donà dalle Rose, sowie Stefano Parise, der Leiter der Abteilung „Bibliotheken“ im Mailänder Rathaus, haben unseren Besuch liebevoll vorbereitet und uns durch das Festival und die in vieler Hinsicht beeindruckende Stadt geleitet.

„Mailand ist seit jeher eine Stadt der Autoren, Verleger und der Leser“, erzählt uns Giacomo Papi, Schriftsteller und Leiter des Laboratoriums der Stiftung Arnoldo e Alberto Mondadori, die, finanziell gut ausgestattet, die Förderung der verlegerischen Arbeit für Fachleute als Aufgabe hat. In Mailand ist mit dem Mondadori-Verlag der wohl wichtigste italienische Literaturverlag beheimatet. Nicht zufällig hat Berlusconi diesen Verlag als einen der ersten bei seinem Einstieg ins italienische Verlagswesen übernommen.

In Mailand werden die meisten Bücher produziert, gekauft und gelesen. Bibliotheken und Buchhandlungen bilden ein dichtes Netz. Zusätzlich gibt es in vielen Stadtvierteln jenseits des reichen Zentrums privat geführte kleine Bibliotheken, ehrenamtlich von den Anwohner*innen betreut, mit professioneller Unterstützung der Comune di Milano. Ein wunderbares Konzept, das auch für Bremen reizvoll sein könnte. Nur eine der vielen Ideen, die wir aus Mailand mitgenommen haben.

Auf dem Podium sitzen mehrere Personen.
© privat | v.l. Rosa Teruzzi, Paola Varalli, Alexa Stein mit Übersetzer, Cristina Aicardi, Bildschirm: Jutta Günther
Drei Personen sitzen an einem Tisch.
© privat | v.l. Elisabeth Arend, Übersetzerin, Perdita Krämer
Vier Personen sehen einem Mann beim Zeichnen zu.
© privat | Gianmauro Cozzi, Jutta Günther, Elisabeth Arend, Perdita Krämer, Alexa Stein
Ein Mann zeichnet.
© privat | v.l. Luca Crovi, Gianmauro Cozzi
Eine Karrikatur von vier Personen als Bremer Stadtmusikanten.
© privat

Neben diesen Veranstaltungen hatten Laura und ihre Kolleginnen ein so umfangreiches Programm für uns organisiert, dass wir hier nur noch über zwei weitere Highlights berichten können.

Am Sitz von Bonelli editore, einem der renommiertesten italienischen Verlage für Comics und Graphic novels, der vor zwei Jahren sein 80-jähriges Bestehen feierte, trafen wir Luca Crovi, einen Kenner des Mailänder Verlagswesens. Als Sohn des Schriftstellers Raffaele Crovi, der als Redakteur beim oben erwähnten Mondadori-Verlag tätig war, ist Luca seit seiner Kindheit mit der Mailänder und der italienischen Verlagswelt vertraut. Er ist Experte für Kriminalliteratur, Musik und Comics und arbeitet mit Radio Popolare zusammen, mit dem er die Podcasts Giallonaviglio noir produziert hat.

Diesem Besuch haben wir nicht nur bereichernde Eindrücke, sondern auch ein ganz besonderes Souvenir zu verdanken. Gianmauro Cozzi, der Art-Director des Verlages, hat spontan während unseres Besuchs uns vier als Bremer Stadtmusikanten skizziert. 

Wer wen darstellt, überlassen wir ganz Ihrer Fantasie.

Ein Regal mit Büchern in der Kasa dei Libri.
© privat
Der Mailänder Dom.
© privat

Die großen Bibliotheken der Stadt haben wir nicht besichtigt, wohl aber die Kasa dei Libri – ein besonderes Haus der Bücher. Das hier Casa mit „K“ geschrieben wird, ist kein Schreibfehler, sondern eine Hommage an den Gründer dieses Bücherhauses. Andrea Kerbaker ist Schriftsteller, Universitätsdozent und vermögender Bibliophiler. Auf drei Etagen findet man mehr als 35.000 Bände Weltliteratur (Autographen, Erstausgaben, Zeitschriften, Bücher vom 16. Jahrhundert bis heute). Nicht als Leihbibliothek, sondern als einen Ort der Begegnung möchte Kerbaker seine Sammlung sehen, mit dem Wunsch, Mailand einen Ort zu bieten, an dem jede*r in Büchern schmökern, sie lesen und erleben kann.  

Wer nun neugierig auf diese wundervolle City of Literature geworden ist, dem können wir einen Besuch nur empfehlen. Nicht nur die vielen Bücher hier erzählen Geschichten, auch die Stadt selbst. Der Dom natürlich, das Castello Sforzesco, das Grabmal von Giuseppe Verdi in der Casa di Riposo per Musicisti oder der Friedhof Cimitero Monumentale bergen unzählige Schicksale und Geschichten.

Es war eine bereichernde Reise und ein wunderbarer Austausch. Ein lebendes Beispiel dafür, welche Magie von Literatur ausgeht und wie sehr Geschichten uns verbinden, über alle Grenzen hinweg.

Hier noch ein Link zu einem kurzen Video über unseren Besuch auf der Seite der Comune di Milano.

Wir werden mit Mailand in Kontakt bleiben, und natürlich haben wir Stefano, Laura, Liù und ihre Kolleg*innen eingeladen, Bremen zu besuchen. Wir werden ihnen zeigen, dass auch die City of Literature Bremen so einiges zu bieten hat.

Alexa Stein

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